Neue Keynesianische Makroökonomik

Neue Keynesianische Makroökonomik
New Open Economy Macroeconomics; Erweiterung der theoretischen Grundlagen der keynesianischen Analyse, da die Verkürzung der Keynesschen Lehre auf Rigiditätsfälle ( keynesianische Positionen) zur Erklärung der Realität mit andauernden Ungleichgewichten nicht befriedigen konnte. Der Rigiditätsfall ist nur eine von mehreren Ursachen für Ungleichgewichte und z.T. nur Folge der wahren Ursachen, wie  Unsicherheit, Monopolisierung.
- 1. Ausgangspunkt der hier anknüpfenden N.K.M. (Ungleichgewichtstheorie) ist das Patinkin-Modell (Patinkin, 1955), ein Gleichgewichtssystem, in dem anhaltende Abweichungen vom Gleichgewicht möglich und wahrscheinlich sind, wenn die Trägheit der Anpassungsmechanismen (Zins- und  Realkassenerhaltungseffekt) die Erreichung des Gleichgewichts verzögern und es daher zu Rückwirkungen auf dem Arbeitsmarkt kommt. Damit führt auch der Lohn-/Preismechanismus nicht zu einem grundsätzlich bestehenden Gleichgewicht zurück. Reallohnsenkungen vermindern in solchen (wahrscheinlichen) Situationen die Arbeitslosigkeit nicht, da sich dadurch die im Vergleich zum Vollbeschäftigungseinkommen zu geringe gesamtwirtschaftliche Güternachfrage nicht erhöhen lässt.
- Der patinkinsche Ungleichgewichtsansatz wurde dann Ausgangspunkt einer Reihe von Ungleichgewichtstheorien, von denen einige der bekanntesten kurz charakterisiert werden (Clower, Leijonhufvud, Barro/Grossman, Malinvaud).
- 2. Clower, dessen Analyse von Leijonhufvud intensiv aufgegriffen wurde, vertritt eine duale Theorie: Im Gleichgewicht ist ein bestimmtes Entscheidungssystem wirksam, in Ungleichgewichtszuständen ein anderes Entscheidungssystem, das diese vom Gleichgewichtsfall löst. Nach Störungen des Gleichgewichts (z.B. am Arbeitsmarkt) sind für die Konsumentscheidungen nicht mehr die Preise bestimmend, sondern die vorgegebenen Mengen (Einkommen). Die normale (nationale) Nachfrage ist nicht mehr effektive, sondern nur noch potenzielle Nachfrage. Die effektive Nachfrage ist einkommensabhängig. Die ursprüngliche Störung am Arbeitsmarkt überträgt sich auf den Gütermarkt und wirkt dann wieder auf den Arbeitsmarkt. Das konsistente Ungleichgewicht verfestigt sich und kann auch durch hohe Preisflexibilität nicht beseitigt werden. Der Preismechanismus versagt. Wenn einmal zu „falschen“ Preisen gehandelt wird, kann sich das Ungleichgewicht „stabilisieren“.
- 3. Weiterentwicklungen und Integrationsversuche von Patinkin und Clower sind die Ansätze von Barro/Grossman und Malinvaud. In beiden kommt es zu gegenseitigen Interdependenzen zwischen den Märkten (Gütermarkt und Arbeitsmarkt). Ungleichgewicht und Rationierung in einem Markt führen zum Ungleichgewicht im jeweils anderen Markt (Mengenrationierungsansatz). Die Ungleichgewichte können sich aufschaukeln und in einem „gleichgewichtigen“ Ungleichgewichtszustand mit wechselseitiger Rationierung auf Güter- und Arbeitsmarkt verharren. Ist die Wirtschaft einmal in einer Ungleichgewichtssituation festgefahren, so ist der Preismechanismus weitgehend außer Kraft gesetzt (Ungleichgewichtsgleichgewicht). Kurz- und mittelfristig ist das allgemeine Gleichgewicht (mit gleichgewichtigem Preisvektor) als Spezialfall anzusehen. Das allgemeine Gleichgewichtsmodell neoklassischer Prägung bleibt aber Ausgangs- und Bezugspunkt der Ungleichgewichtstheorien; insofern werden sie häufig auch als neoklassisch klassifiziert. Unbestritten erfassen sie nur einen Aspekt Keynesscher Lehre, nämlich den des Unterbeschäftigungsgleichgewichts aufgrund fehlender effektiver Nachfrage, während andere entscheidende Aspekte, z.B. Unsicherheit und deren Konsequenzen, nicht einbezogen werden.

Lexikon der Economics. 2013.

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